Harnwegsinfektionen und ihre Behandlung
Was sind Harnwegsinfektionen?
Harnwegsinfektionen gehören zu den häufigsten bakteriellen Infektionen und betreffen Millionen von Menschen in Deutschland jährlich. Eine Blasenentzündung (Zystitis) entsteht meist durch das Eindringen von Bakterien über die Harnröhre in die Blase, während eine Harnröhrenentzündung (Urethritis) die unteren Harnwege betrifft. Die häufigsten Erreger sind Escherichia coli-Bakterien, die normalerweise im Darm vorkommen.
Die typischen Symptome einer Harnwegsinfektion umfassen ein brennendes Gefühl beim Wasserlassen, häufigen und starken Harndrang sowie Schmerzen im Unterleib. Betroffene verspüren oft das Gefühl einer unvollständigen Blasenentleerung und bemerken möglicherweise trüben oder übelriechenden Urin.
Akute Infektionen treten plötzlich auf und heilen bei rechtzeitiger Behandlung meist schnell ab, während chronische Infektionen über längere Zeiträume bestehen oder wiederkehrend auftreten. Besonders Frauen sind aufgrund ihrer kürzeren Harnröhre häufiger betroffen. Weitere Risikofaktoren sind:
Fortgeschrittenes Alter und geschwächtes Immunsystem
Schwangerschaft und hormonelle Veränderungen
Anatomische Besonderheiten der Harnwege
Diabetes mellitus und andere Grunderkrankungen
Verwendung von Blasenkathetern
Antibiotika zur Behandlung von Harnwegsinfektionen
Fosfomycin, bekannt unter dem Handelsnamen Monuril, stellt eine moderne Einmaldosis-Therapie für unkomplizierte Blasenentzündungen dar. Dieses Antibiotikum reichert sich gezielt in der Blase an und wirkt dort über mehrere Tage gegen die Erreger. Die praktische Einmalgabe erhöht die Therapietreue und reduziert das Risiko von Resistenzentwicklungen.
Nitrofurantoin (Furadantin) gilt als bewährtes Mittel speziell für untere Harnwegsinfekte und wird aufgrund seiner hohen Konzentration im Urin und geringen Resistenzraten geschätzt. Es eignet sich besonders für die Behandlung wiederkehrender Infektionen und kann auch prophylaktisch eingesetzt werden.
Trimethoprim-Sulfamethoxazol ist ein Kombinationspräparat, das durch die synergistische Wirkung beider Komponenten eine effektive Behandlung verschiedener Harnwegsinfekte ermöglicht. Ciprofloxacin und andere Fluorchinolone werden vorrangig bei komplizierten Infektionen oder bei Versagen der Erstlinientherapie eingesetzt, da sie ein breiteres Wirkspektrum aufweisen.
Präventive Maßnahmen und natürliche Unterstützung
Cranberry-Präparate zur Vorbeugung
Cranberry-Präparate haben sich als natürliche Unterstützung bei der Vorbeugung von Harnwegsinfektionen etabliert. Die enthaltenen Proanthocyanidine verhindern die Anhaftung von E. coli-Bakterien an die Schleimhaut der Harnwege, wodurch die Bakterien leichter ausgespült werden können. Diese Anti-Adhäsions-Wirkung macht Cranberry zu einer wertvollen präventiven Maßnahme.
In deutschen Apotheken sind verschiedene Cranberry-Kapseln und -Säfte erhältlich, die standardisierte Mengen an wirksamen Proanthocyanidinen enthalten. Für die Langzeitprophylaxe werden täglich 36 mg Proanthocyanidine empfohlen, was etwa 500-1000 mg Cranberry-Extrakt entspricht.
Aktuelle Studien zeigen positive Effekte bei wiederkehrenden Infektionen, insbesondere bei Frauen mit häufigen Blasenentzündungen. Die regelmäßige Einnahme über mehrere Monate kann die Häufigkeit von Harnwegsinfektionen deutlich reduzieren und stellt eine sinnvolle Alternative oder Ergänzung zur Antibiotika-Prophylaxe dar.
D-Mannose und andere natürliche Präparate
D-Mannose, ein natürlich vorkommender Einfachzucker, bietet einen innovativen Ansatz zur Infektprophylaxe. Dieser Zucker wird von E. coli-Bakterien bevorzugt gebunden, wodurch sie sich nicht an der Blasenwand festsetzen können und mit dem Urin ausgespült werden. D-Mannose ist besonders gut verträglich und kann langfristig eingenommen werden.
Moderne Kombipräparate vereinen D-Mannose mit wichtigen Vitaminen wie Vitamin C und Mineralstoffen wie Zink, die das Immunsystem stärken und die Schleimhäute der Harnwege unterstützen. Diese ganzheitlichen Formulierungen bieten einen umfassenden Schutz vor Harnwegsinfektionen.
Bärentraubenblätter-Extrakt (Arctostaphylos uva-ursi) enthält Arbutin, das im Körper zu antibakteriell wirksamem Hydrochinon umgewandelt wird. Goldrutenkraut und andere pflanzliche Harntees wirken harntreibend und entzündungshemmend, wodurch sie die natürliche Spülung der Harnwege fördern und zur Linderung von Beschwerden beitragen.
Blasenschwäche und Inkontinenz
Verschiedene Formen der Harninkontinenz
Harninkontinenz ist ein weit verbreitetes Problem, das Menschen jeden Alters betreffen kann, wobei Frauen häufiger betroffen sind als Männer. Die Belastungsinkontinenz stellt die häufigste Form dar und tritt besonders bei Frauen nach Schwangerschaften und Geburten auf. Dabei führt eine Schwächung des Beckenbodens dazu, dass bei körperlicher Anstrengung, Husten oder Niesen unwillkürlich Urin abgeht.
Die Dranginkontinenz hingegen entsteht durch eine überaktive Blase, bei der bereits bei geringer Blasenfüllung ein starker, nicht unterdrückbarer Harndrang auftritt. Neurologische Erkrankungen wie Multiple Sklerose oder Schlaganfall können diese Form der Inkontinenz verursachen. Mit zunehmendem Alter treten häufig Mischformen auf, da die Blasenfunktion durch verschiedene Faktoren beeinträchtigt wird. Die psychosozialen Auswirkungen sind erheblich und können zu sozialer Isolation und verminderter Lebensqualität führen.
Medikamentöse Therapieoptionen
Für die Behandlung der Dranginkontinenz stehen verschiedene Medikamentenklassen zur Verfügung. Anticholinergika wie Oxybutynin (Dridase) und Tolterodin (Detrusitol) hemmen die unwillkürlichen Blasenkontraktionen und reduzieren so die Symptome der überaktiven Blase. Als moderne Alternative haben sich Beta-3-Agonisten wie Mirabegron (Betmiga) etabliert, die oft besser vertragen werden.
Bei postmenopausalen Frauen können lokal angewendete Östrogenpräparate die Schleimhaut stärken und die Symptome lindern. Für Patientinnen mit Belastungsinkontinenz kommt Duloxetin zum Einsatz, ein Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer. Wichtig ist die individuelle Abwägung der Nebenwirkungsprofile und Kontraindikationen, da beispielsweise Anticholinergika bei älteren Patienten zu Mundtrockenheit und kognitiven Beeinträchtigungen führen können.
Hilfsmittel und unterstützende Produkte
Neben der medikamentösen Therapie spielen Hilfsmittel eine wichtige Rolle im Inkontinenzmanagement. Das Sortiment umfasst:
Inkontinenzeinlagen für leichte bis mittlere Schweregrade
Inkontinenz-Pants für höhere Aufsaugkapazitäten
Beckenboden-Trainingshilfen zur Stärkung der Muskulatur
Vaginalkonen als Trainingsgewichte für Frauen
Externe Hilfsmittel wie Urinalkondome für Männer
Katheter-Systeme für schwere Fälle
Nieren- und Harnsteine
Entstehung und Arten von Harnsteinen
Harnsteine entstehen durch die Kristallisation verschiedener Substanzen im Urin und betreffen etwa 5% der deutschen Bevölkerung. Kalziumoxalat-Steine stellen mit über 70% die häufigste Form dar und entstehen bei erhöhter Kalzium- oder Oxalatausscheidung im Urin. Harnsäure-Steine entwickeln sich bevorzugt in saurem Urin und stehen oft in Verbindung mit Gicht oder purinhaltiger Ernährung.
Struvit-Steine bilden sich bei chronischen Harnwegsinfektionen mit harnstoffspaltenden Bakterien und können schnell zu großen Ausgusssteinen anwachsen. Zystin-Steine sind selten und entstehen aufgrund einer genetischen Störung des Aminosäurestoffwechsels. Typische Symptome sind plötzlich einsetzende Nierenkoliken mit starken Flankenschmerzen, die in die Leiste ausstrahlen können, sowie Blut im Urin und Übelkeit.
Medikamentöse Steinbehandlung und -prophylaxe
Die medikamentöse Therapie richtet sich nach der Steinart und umfasst sowohl akute Behandlung als auch Prophylaxe. Kaliumcitrat alkalisiert den Urin und ist besonders wirksam bei Harnsäure-Steinen, da diese sich in alkalischem Milieu auflösen können. Zur langfristigen Harnsäuresenkung wird Allopurinol eingesetzt, insbesondere bei Patienten mit Gicht.
Thiazid-Diuretika reduzieren die Kalziumausscheidung über die Nieren und beugen so der Bildung von Kalziumsteinen vor. Magnesium-Supplementierung kann durch Bindung von Oxalat im Darm dessen Aufnahme verringern. Bei akuten Steinkoliken stehen NSAR wie Diclofenac oder Ibuprofen im Vordergrund der Schmerztherapie, da sie nicht nur analgetisch wirken, sondern auch die Ureterkontraktionen reduzieren können.
Prostatabeschwerden beim Mann
Benigne Prostatahyperplasie (BPH)
Die benigne Prostatahyperplasie ist eine der häufigsten urologischen Erkrankungen bei Männern ab dem 50. Lebensjahr. Etwa die Hälfte aller Männer über 60 Jahre sind von einer gutartigen Prostatavergrößerung betroffen, die zu charakteristischen Beschwerden beim Wasserlassen führt. Typische Symptome umfassen häufigen Harndrang, schwachen Harnstrahl, nächtliches Wasserlassen, Restharngefühl und verzögerten Miktionsbeginn.
Der Internationale Prostata-Symptom-Score (IPSS) ist ein standardisiertes Bewertungssystem, das die Schwere der Beschwerden objektiv erfasst. Anhand von sieben Fragen werden die Symptome bewertet und ein Gesamtscore ermittelt, der bei der Therapieentscheidung hilft. Die Prostatavergrößerung kann erhebliche Auswirkungen auf die Blasenentleerung haben und führt oft zu einer deutlichen Einschränkung der Lebensqualität. Eine wichtige Differentialdiagnose ist die Abgrenzung zu bösartigen Prostataerkrankungen, weshalb regelmäßige urologische Kontrollen unerlässlich sind.
Medikamentöse Therapie der Prostatabeschwerden
Die medikamentöse Behandlung der BPH erfolgt stadiengerecht und richtet sich nach der Symptomatik und dem Leidensdruck des Patienten. Alpha-1-Blocker wie Tamsulosin (Alna), Alfuzosin (Uroxatral) und Doxazosin entspannen die glatte Muskulatur in Prostata und Blasenhals, wodurch der Harnfluss verbessert wird. Diese Medikamente wirken schnell und sind besonders bei obstruktiven Symptomen effektiv.
5-Alpha-Reduktase-Hemmer wie Finasterid (Proscar) und Dutasterid (Avodart) reduzieren das Prostatavolumen durch Hemmung der Testosteron-Umwandlung. Diese Therapie zeigt erst nach mehreren Monaten Wirkung, kann aber das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamen. Kombinationstherapien aus beiden Wirkstoffgruppen ermöglichen eine optimale Symptomkontrolle bei ausgeprägten Beschwerden.
Pflanzliche Präparate bieten eine natürliche Alternative oder Ergänzung zur konventionellen Therapie:
Sägepalmen-Extrakt (Serenoa repens) zur Verbesserung der Harnflusssymptome
Kürbiskern-Präparate mit entzündungshemmenden Eigenschaften
Brennnesselwurzel-Extrakte zur Unterstützung der Blasenfunktion
Beta-Sitosterol-haltige Phytopharmaka
Bei gleichzeitig bestehender erektiler Dysfunktion können Phosphodiesterase-5-Hemmer eine doppelte Wirkung entfalten und sowohl die Prostatasymptome als auch die Erektionsfähigkeit verbessern.
Diagnostik und Überwachung der Harnwege
Urintests und Selbsttests
Moderne Urin-Teststreifen für den Hausgebrauch ermöglichen eine erste Einschätzung verschiedener Harnparameter. Diese Tests können Hinweise auf Infektionen, Diabetes, Nierenerkrankungen oder andere Störungen geben. Wichtige Parameter umfassen Protein, Glucose, Ketone, Nitrit, Leukozyten-Esterase, Blut und den pH-Wert. Die korrekte Durchführung und Interpretation dieser Tests ist entscheidend für aussagekräftige Ergebnisse.
Bakterielle Schnelltests bei Verdacht auf Harnwegsinfekte können binnen weniger Minuten erste Hinweise auf eine bakterielle Besiedlung liefern. Diese Tests detektieren spezifische Enzyme oder Stoffwechselprodukte von Bakterien. In spezialisierten Apotheken wird teilweise auch eine mikroskopische Urinuntersuchung angeboten, die zusätzliche diagnostische Informationen liefern kann.
Eine ärztliche Abklärung ist notwendig bei wiederkehrenden Infekten, Blut im Urin, anhaltenden Beschwerden, Fieber oder wenn die Selbsttests auffällige Werte zeigen. Schwangere, Diabetiker und Patienten mit chronischen Nierenerkrankungen sollten grundsätzlich ärztliche Kontrollen bevorzugen.
Wichtige Parameter der Harnfunktion
Kreatinin und Harnstoff sind zentrale Marker für die Nierenfunktion. Erhöhte Werte können auf eine eingeschränkte Nierenleistung hindeuten und erfordern weitere Abklärung. Die Kreatinin-Clearance ist ein wichtiger Parameter zur Beurteilung der glomerulären Filtrationsrate und beeinflusst die Dosierung vieler Medikamente.
Proteinurie, also die Ausscheidung von Eiweiß im Urin, ist ein früher Hinweis auf Nierenerkrankungen. Bereits geringe Mengen an Albumin im Urin (Mikroalbuminurie) können bei Diabetikern auf eine beginnende diabetische Nephropathie hinweisen. Der Harnsäure-Spiegel ist relevant für das Steinrisiko und die Entstehung von Gicht.
Regelmäßige Kontrollen der Harnfunktion sind besonders wichtig bei:
Diabetes mellitus und diabetischer Nephropathie
Bluthochdruck und kardiovaskulären Erkrankungen
Einnahme nephrotoxischer Medikamente
Chronischen Nierenerkrankungen
Nierensteinen in der Vorgeschichte
Viele Medikamente können die Nierenfunktion beeinträchtigen oder müssen bei eingeschränkter Nierenfunktion dosisangepasst werden. Besonders kritisch sind NSAR, ACE-Hemmer, bestimmte Antibiotika und Kontrastmittel. Eine engmaschige Überwachung der Nierenwerte ermöglicht eine rechtzeitige Anpassung der Therapie und verhindert weitere Nierenschäden.