Was ist Alkoholismus?
Alkoholismus, medizinisch als Alkoholabhängigkeit oder Alkoholkonsumstörung bezeichnet, ist eine chronische Erkrankung, die durch den zwanghaften und unkontrollierten Konsum von Alkohol gekennzeichnet ist. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) klassifiziert Alkoholismus als psychische und Verhaltensstörung, die sowohl körperliche als auch seelische Abhängigkeit umfasst.
Unterschied zwischen Alkoholmissbrauch und Alkoholismus
Während Alkoholmissbrauch schädlichen, aber noch kontrollierbaren Konsum beschreibt, ist Alkoholismus durch den vollständigen Kontrollverlust über das Trinkverhalten charakterisiert. Bei der Abhängigkeit entwickelt sich eine Toleranz, die zu steigenden Konsummengen führt, sowie körperliche Entzugserscheinungen bei Abstinenz.
Stadien der Alkoholerkrankung nach Jellinek
Voralkoholische Phase: Gelegentliches Trinken zur Spannungslinderung
Prodromale Phase: Heimliches Trinken und erste Gedächtnislücken
Kritische Phase: Kontrollverlust und soziale Probleme
Chronische Phase: Dauerhafte körperliche und psychische Schäden
In Deutschland sind etwa 1,6 Millionen Menschen alkoholabhängig, weitere 1,8 Millionen betreiben Alkoholmissbrauch. Risikofaktoren umfassen genetische Veranlagung, psychische Erkrankungen, soziales Umfeld und traumatische Erlebnisse. Stress, Depression und Angststörungen erhöhen das Entwicklungsrisiko erheblich.
Symptome und Diagnose
Körperliche Anzeichen einer Alkoholabhängigkeit
Zu den körperlichen Symptomen gehören Leberschäden, Magen-Darm-Probleme, Bluthochdruck und neurologische Störungen. Betroffene zeigen oft Gewichtsverlust, Hautveränderungen, Zittern der Hände und eine erhöhte Infektanfälligkeit. Langfristiger Alkoholkonsum kann zu irreversiblen Organschäden führen, insbesondere an Leber, Herz und Gehirn.
Psychische und soziale Symptome
Psychisch manifestiert sich Alkoholismus durch Depressionen, Angstzustände, Reizbarkeit und Persönlichkeitsveränderungen. Soziale Symptome umfassen den Rückzug aus zwischenmenschlichen Beziehungen, Leistungsabfall im Beruf, finanzielle Probleme und Vernachlässigung von Hobbys und Interessen.
Entzugserscheinungen und deren Verlauf
Körperliches Zittern und Schwitzen
Übelkeit und Erbrechen
Schlafstörungen und Alpträume
Angstzustände und Panikattacken
In schweren Fällen: Krampfanfälle und Delirium tremens
Diagnostische Kriterien nach ICD-10
Die Diagnose erfolgt anhand von sechs Hauptkriterien, wobei mindestens drei innerhalb eines Jahres erfüllt sein müssen: starkes Verlangen nach Alkohol, Kontrollverlust, körperliche Entzugssymptome, Toleranzentwicklung, Vernachlässigung anderer Interessen und anhaltender Konsum trotz schädlicher Folgen. Professionelle Diagnoseverfahren umfassen strukturierte Interviews, Laboruntersuchungen und standardisierte Fragebögen zur Erfassung des Schweregrades der Abhängigkeit.
Medikamentöse Behandlung des Alkoholismus
In Deutschland stehen verschiedene Medikamente zur Behandlung der Alkoholabhängigkeit zur Verfügung, die als wichtige Säule der Therapie dienen. Diese Arzneimittel können das Verlangen nach Alkohol reduzieren, Rückfälle verhindern oder die Abstinenz unterstützen.
Disulfiram (Antabus)
Disulfiram blockiert den Alkoholabbau im Körper und führt bei Alkoholkonsum zu unangenehmen Reaktionen wie Übelkeit, Kopfschmerzen und Herzrasen. Diese Aversionstherapie soll den Patienten vor dem Trinken abschrecken und erfordert eine hohe Motivation zur Abstinenz.
Naltrexon
Als Opioidrezeptor-Antagonist reduziert Naltrexon das Verlangen nach Alkohol und vermindert die euphorisierende Wirkung des Alkohols. Es eignet sich besonders für Patienten, die ihre Trinkmenge kontrollieren möchten.
Acamprosat (Campral)
Acamprosat stabilisiert das durch chronischen Alkoholkonsum gestörte Gleichgewicht der Neurotransmitter im Gehirn. Es reduziert Entzugserscheinungen und das Verlangen nach Alkohol, besonders in der frühen Abstinenzphase.
Nalmefene
Nalmefene wird zur Reduktion des Alkoholkonsums bei Erwachsenen eingesetzt, die noch nicht vollständig abstinent leben möchten. Es verringert das Trinkverhalten schrittweise.
Alle diese Medikamente sind verschreibungspflichtig und erfordern eine kontinuierliche ärztliche Betreuung. Mögliche Nebenwirkungen und Kontraindikationen müssen individuell abgewogen werden, weshalb eine fachärztliche Begleitung unerlässlich ist.
Entgiftung und Entzugsbehandlung
Die Entgiftung ist der erste Schritt zur Überwindung der Alkoholabhängigkeit und erfordert je nach Schweregrad eine ambulante oder stationäre Behandlung. Bei schwerer Abhängigkeit oder Vorerkrankungen ist eine stationäre Überwachung unerlässlich.
Medizinische Überwachung
Während des Alkoholentzugs können lebensbedrohliche Komplikationen wie Krampfanfälle, Delirium tremens oder Herzrhythmusstörungen auftreten. Eine kontinuierliche medizinische Überwachung gewährleistet die rechtzeitige Erkennung und Behandlung dieser Symptome.
Unterstützende Medikamente
Verschiedene Medikamente helfen bei der Behandlung von Entzugserscheinungen:
Benzodiazepine zur Krampfprophylaxe und Angstreduktion
Thiamin (Vitamin B1) zur Vorbeugung neurologischer Schäden
B-Komplex-Vitamine zum Ausgleich von Mangelerscheinungen
Magnesium zur Stabilisierung des Elektrolythaushalts
Phasen der Entgiftung
Die körperliche Entgiftung dauert in der Regel 7-14 Tage und gliedert sich in verschiedene Phasen. Die akuten Entzugserscheinungen erreichen meist nach 24-72 Stunden ihren Höhepunkt und klingen dann allmählich ab. Eine anschließende Entwöhnungsbehandlung ist für den langfristigen Therapieerfolg entscheidend.
Langzeittherapie und Rückfallprävention
Psychotherapeutische Ansätze
Die erfolgreiche Behandlung einer Alkoholabhängigkeit erfordert eine langfristige therapeutische Betreuung. Psychotherapeutische Ansätze bilden das Fundament der nachhaltigen Genesung und helfen Betroffenen dabei, die zugrundeliegenden Ursachen ihrer Suchterkrankung zu verstehen und zu bewältigen.
Verhaltenstherapie und kognitive Therapiemethoden
Kognitive Verhaltenstherapie hat sich als besonders wirksam erwiesen. Sie hilft Patienten dabei, schädliche Denkmuster zu erkennen und durch gesündere Verhaltensweisen zu ersetzen. Durch das Erlernen von Bewältigungsstrategien können Risikosituationen besser gemeistert werden.
Selbsthilfegruppen und deren Bedeutung
Selbsthilfegruppen wie die Anonymen Alkoholiker bieten wertvolle Unterstützung durch Gleichbetroffene. Der Austausch mit anderen Betroffenen schafft Verständnis und Motivation für den Genesungsweg.
Familientherapie und soziales Umfeld
Die Einbeziehung des familiären Umfelds ist entscheidend für den Therapieerfolg. Familientherapie hilft dabei, gestörte Beziehungsmuster zu heilen und ein unterstützendes Umfeld zu schaffen.
Nachsorge und ambulante Betreuung
Eine strukturierte Nachsorge ist unerlässlich für die langfristige Abstinenz. Regelmäßige Termine bei Suchtberatern und Therapeuten bieten kontinuierliche Unterstützung.
Rezeptfreie Unterstützungsmittel aus der Apotheke
Apotheken bieten verschiedene rezeptfreie Präparate zur Unterstützung der Therapie an, wie Vitaminpräparate zur Regeneration oder pflanzliche Beruhigungsmittel bei Unruhe und Schlafstörungen.
Präventionsmaßnahmen und Angehörigenberatung
Aufklärung über verantwortlichen Alkoholkonsum
Präventionsarbeit beginnt mit der Aufklärung über die Risiken des Alkoholkonsums. Die Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen empfiehlt für gesunde Erwachsene maximale Konsumgrenzen und regelmäßige alkoholfreie Tage.
Früherkennung problematischen Trinkverhaltens
Warnsignale einer beginnenden Alkoholabhängigkeit sollten ernst genommen werden. Dazu gehören regelmäßiger Konsum zur Stressbewältigung, Toleranzentwicklung und heimliches Trinken.
Beratungsangebote für Angehörige
Angehörige benötigen spezielle Unterstützung und Beratung. Folgende Hilfsangebote stehen zur Verfügung:
Familienberatungsstellen
Angehörigengruppen
Telefonische Beratungshotlines
Online-Beratungsportale
Co-Abhängigkeit erkennen und behandeln
Co-Abhängigkeit entsteht, wenn Angehörige das Suchtverhalten unbewusst unterstützen. Professionelle Beratung hilft dabei, diese Muster zu durchbrechen und gesunde Grenzen zu setzen.
Rolle der Apotheke in der Beratung und Prävention
Apotheken sind wichtige Anlaufstellen für erste Beratung und Information. Pharmazeutisches Personal kann über Risiken aufklären und an spezialisierte Beratungsstellen vermitteln.